Punks auf Sylt

„Wir meiden Menschen mit einer anderen Weltanschauung, denn am Ende ist es anstrengend, sich für den eigenen Lebensstil rechtfertigen zu müssen.“
Zu diesem Satz aus dem Buch von Jo Schück „nackt im Hotel“ fallen mir direkt die Punks auf Sylt ein. 
Hat es eine solche eklatante kognitive Dissonanz auf Deutschlands teuerster Insel jemals zuvor gegeben? 
Sicher ist, auf jeden Fall nicht so medienwirksam. Wie die Sau durchs Dorf wurden die Punks durch die Zeitungen und die übrige Berichterstattung rund um das „9 Euro-Ticket“ förmlich auf die Insel getrieben. 
Die Folge: Menschen in gammeligen bis zerrissenen Klamotten und bunten Haaren fluten die Fußgängerzone. 
Bereits mittags sind diese Juwelen der Schöpfung besoffen oder so „breit“, dass das normale Sprachzentrum fast völlig außer Kraft gesetzt ist - aber nur fast. 
Auf ihre Art arbeiten sie schließlich - sie betteln - eher penetrant als charmant. 
Während ich auf der Terrasse in Richtung Strandpromenade einen Salat esse und auf den Bentley schaue, der vor dem gegenüberliegenden Hotel parkt ertrage ich in der Endlosschleife „Alle Jahre wieder“ auf dem Akkordeon, begleitet von dem neunköpfigen Chor der schlechten Stimmen und Frisuren.
Dann wird nicht nach ein paar Groschen sondern nach harten Euros verlangt. Einige Gäste geben - ich nur meinen Unmut kund. 
Mein Vorschlag, sie dürfen es mal mit vernünftiger Arbeit versuchen wird verlacht. „Sie seien Kinder. Alter wie kannst Du Kinderarbeit von uns verlangen.“ ist ihre Antwort. 
Da ist er wieder, einer der seltenen Momente meiner „fast-Sprachlosigkeit“.  
Die Störer meiner Ruhe campieren gratis in einer Zeltstadt und haben 
in den Brunnen vor dem Rathaus ihre großen und kleinen Geschäfte verrichtet! - bevor man ihnen auf Kosten der Steuerzahler eine Toiletteninfrastruktur zur Verfügung gestellt hat. 
Duldung statt Vertreibung - warum sagt niemand bis hierhin und nicht weiter? Scheut man sich vor der ganz großen Negativpresse? 
Ernsthaft - die Scheiße schwimmt doch schon im Rathausbrunnen!
Sylt, Du bist Deutschlands „firstclass“ - Insel, also verhalte Dich auch so. Danke. 
Ich komme nicht umhin festzuhalten: Kognitive Dissonanz ist anstrengend.

#gedankensplitter