HandyDetox

Endlich schreibt der Kalender Anfang August 2022 - von meinem Sylturlaub trennt mich nur noch die Hochzeit einer guten Freundin im Schwarzwald. Womit ich nicht gerechnet hatte: Dieser Tag wurde zum puren „HandyDetox“.
Man könnte auch sagen, wo kein Empfang, da keine Ablenkung. 
Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass es in Deutschland überhaupt noch Orte gibt, wo es nicht um die Frage 4G oder 5G geht, sondern ob überhaupt ein E samt Netzbalken auf dem Display erscheint - nun weiß ich es besser.
Und was passiert? - Die Gäste, welche von Bremen bis Zürich angereist sind, nutzen die Gunst der Stunde für gute Gespräche.
Dankbar über die neu gewonnene Gewissheit, dass man es noch kann - den guten Dialog - fühlt man sich dennoch fast wehmütig an die Vorzüge des letzten Jahrtausends erinnert, als genau dies gängige Lebenspraxis gewesen ist. 
Eins der interessantesten Gespräche führte ich mit Max. Wir unterhielten uns über die Stuttgarter Quadratur des Kreises - nicht die Suche sondern das Finden einer neuen bezahlbaren Wohnung.
Max suchte zwar nicht mit Moritz aber mit seinem Kumpel eine neue Bleibe für ihre WG. Während ich noch darüber nachdachte, dass die beiden als zwei weiße Männer ja von Geburt an mit einem deutlichen Privilegierungsvorteil auf dieser Welt unterwegs sind, wäre ich beinahe von der Bank gekippt.
Wer kann auch damit rechnen, dass HeteroMänner auf WG-Suche in der Hauptstadt der Kehrwoche diskriminiert werden. Ob man zwei Junggesellen die Haushaltsführung nicht zutraut kann ich nicht beurteilen, was ich aber nicht vorenthalten möchte ist Max Lösung für das Problem. 
Kurzerhand wurde aus den HeteroWGkumpeln ein schwules Paar, welches einen Mietvertrag in begehrter Marienplatzlage unterzeichnete. 
Während mich der Zug gen Hamburg bringt, komme ich nicht umhin mich zu fragen, ob es eigentlich ok ist, wenn Heteros sich als schwul ausgeben und dadurch Vorteile „abgreifen“.  Ist so ein Verhalten ein Verrat an allem, wofür wir gekämpft haben oder zeigt es, wie etabliert und gesellschaftsfähig wir Schwulen geworden sind.
Immerhin kennt er Grindr, was bei mir aber auch noch die Frage aufwirft: Woher eigentlich? - Es besteht Hoffnung.

#gedankensplitter